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Klimagerechtigkeit

Der Begriff Klimagerechtigkeit taucht immer häufiger im Zusammenhang mit Klimaschutz und der Bekämpfung der Folgen des Klimawandels auf. Doch was bedeutet Klimagerechtigkeit, warum betrifft sie uns in Deutschland in besonderem Maße und wie kann sie umgesetzt werden?

Was ist Klimagerechtigkeit?

Klimagerechtigkeit beruht auf dem Verursacherprinzip: Länder, die am meisten Emissionen verursachen und besonders viele Treibhausgase ausstoßen, sollen für die Folgen aufkommen. Die Hauptverursacher des Klimawandels sollen somit in den Klimaschutz und die Abmilderung der Folgen investieren - auch in anderen Ländern und Regionen der Welt.

Dass dies eine Frage von Gerechtigkeit und Fairness ist, liegt daran, dass die Auswirkungen der Klimakrise und speziell der Erderwärmung in einigen Ländern sehr viel drastischer zu spüren sind als in anderen. Die Umweltorganisation Germanwatch untersucht dazu in ihrem jährlichen Globalen Klima-Risiko Index (KRI), welche Länder am stärksten von Wetterextremen wie Hitzewellen, Überschwemmungen oder Stürmen betroffen sind. Denn: Experten zufolge steigt die Zahl ungewöhnlicher und schwer vorhersehbarer Wetterextreme infolge der Erderwärmung.

Welche Länder betrifft der Klimawandel?

Der Globale Klima-Risiko Index 2021 zeigt, dass die Folgen des Klimawandels überwiegend in Ländern des Globalen Südens zu spüren sind. Zwischen 2000 und 2019 zählten Puerto Rico, Myanmar, Haiti, Philippinen und Mosambik zu den am stärksten betroffenen Ländern. Berücksichtigt wurde die Gesamtzahl an Ereignissen, der jährlichen Todesopfer, der Todesopfer pro 100.000 Einwohner und die Schäden pro Einheit des Bruttoinlandsproduktes. Es besteht somit ein großes Ungleichgewicht zwischen Ländern des Globalen Nordens und des Globalen Südens.

Infografik zum Klima-Risiko-Index © 2021 Germanwatch
Die Weltkarte des Globalen Klima-Risiko-Index für die Jahre 2000-2019

Auch in Bezug auf die betroffenen Menschen lässt sich eine Ungleichheit feststellen: In ärmeren Ländern leiden vor allem ohnehin benachteiligte Bevölkerungsgruppen besonders unter Naturkatastrophen und Veränderungen ihrer Umwelt. Steigen die Meeresspiegel oder kommt es zu Dürre, Überschwemmungen und Stürmen, trifft dies meist die Landbevölkerung - die an der Küste oder auf dem Land von der Bewirtschaftung der Erde und des Wassers lebt. In vielen Ländern zählen dazu indigene Bevölkerungsgruppen, die ohnehin in Marginalisierung und Armut leben. Naturkatastrophen zerstören für Bauern und die Landbevölkerung nicht nur den Lebensraum, sondern auch ihre Lebensgrundlage: Verdorrtes Getreide, überschwemmte Felder oder entwurzelte Pflanzen zerstören die Ernte und sorgen dafür, dass die Menschen langfristig ihre Arbeit und Lebensgrundlage verlieren.

Welche Länder verursachen den Klimawandel?

Schaut man sich an, welche Länder hauptverantwortlich für den Ausstoß von Treibhausgasen sind, fällt der Blick auf die G20-Staaten: Im Jahre 2020 waren diese laut Daten des Statistischen Bundesamts für rund 80 Prozent der globalen CO2-Emissionen verantwortlich – darunter China, die USA und die EU an der Spitze.

Die Länder, die am stärksten unter der Erderwärmung leiden, sind verhältnismäßig wenig an ihrer Entstehung beteiligt. Die fünf laut dem Globalen Klima-Risiko Index am meisten vom Klimawandel betroffenen Länder, verzeichnen im Jahre 2020 nur einen Bruchteil der globalen CO2-Emissionen (Emissions Database for Global Atmospheric Research 2021):

  • Puerto Rico: 3,96 Millionen Tonnen CO2 – 0,01%
  • Myanmar: 37,71 Millionen Tonnen CO2 – 0,1%
  • Haiti: 3,01 Millionen Tonnen CO2 – 0,01%
  • Philippinen: 139,16 Millionen Tonnen CO2 – 0,39%
  • Mosambik: 9,94 Millionen Tonnen CO2 – 0,03%
  • Deutschland: 636,88 Millionen Tonnen CO2 – 1,77%
  • EU-27: 2.621,85 Millionen Tonnen CO2 – 7,29%
  • China: 11.680,42 Millionen Tonnen CO2 – 32,48%

Worin besteht die Ungerechtigkeit?

Dass die Länder, die am wenigsten Treibhausgase ausstoßen, dennoch am meisten von den Folgen des Klimawandels betroffen sind, ist objektiv betrachtet ungerecht. Zwar zeigt der Globale Klima-Risiko Index, dass auch Deutschland (Platz 18), Frankreich (Platz 27), Australien (Platz 31) oder Russland (Platz 32) einem Risiko für Unwetterereignisse ausgesetzt sind – der wichtige Unterschied liegt jedoch im Reichtum und technologischen Fortschritt dieser Länder.

Während große und reiche Industriestaaten es sich leisten können, Klimapolitik zu betreiben und in Schutzmaßnahmen zu investieren, beispielsweise Deiche und schwimmende Städte zu bauen, sensible Frühwarnsysteme zu installieren oder nach einer Katastrophe Gelder in Milliardenhöhe in den Wiederaufbau zu investieren - ist dies ärmeren Ländern des Globalen Südens wie Puerto Rico, Myanmar oder Haiti nicht im gleichen Maße möglich.

Diese Ungerechtigkeit kommt noch deutlicher zum Tragen, wenn man die versorgungstechnische Infrastruktur in ausgewählten Ländern vergleicht. Dort ist die Kluft besonders groß: In Haiti (Platz 3 des KRI) haben 45,5 Prozent der allgemeinen Bevölkerung und lediglich 1 Prozent der Landbevölkerung Zugang zu Elektrizität. In Myanmar sind es 29,6 Prozent im ganzen Land und nur 4,9 Prozent in ländlichen Gebieten.

Während im Globalen Norden also darüber diskutiert wird, wie jeder einzelne seinen Stromverbrauch senken kann, haben in vielen Ländern des Globalen Süden nicht einmal alle Menschen Zugang zu Elektrizität und leiden dennoch unter den Folgen des CO2-Ausstoßes der Industrieländer.

Wie kann Klimagerechtigkeit hergestellt werden?

Damit dieser Ungleichheit Rechnung getragen wird, braucht es Klimagerechtigkeit und eine Klimapolitik, die auch nach außen schaut. Länder, die viele Treibhausgase ausstoßen, sollten wiederum Ländern, die am stärksten vom Klimawandel bedroht sind, unterstützen.

Folgende Maßnahmen können dazu beitragen, Klimagerechtigkeit herzustellen:

  • Bereitstellung finanzieller Mittel
  • Wissenschaftlicher Austausch und Technologietransfer
  • Hilfe bei Präventions- und Schutzmaßnahmen
  • Förderung von Umwelt-, Natur- und Artenschutz
  • Hilfe beim Wiederaufbau nach Naturkatastrophen
  • Durchführung von Klimaschutzmaßnahmen
  • Unterstützung beim Umstieg auf erneuerbare Energien

Klimagerechtigkeit und Klimaschutz betreffen viele Bereiche und ihre Maßnahmen können daher nicht einseitig sein. Die Industrieländer als Hauptverantwortliche des Klimawandels sollten besonders betroffene Länder des Globalen Südens sowohl mit finanziellen Mitteln als auch mit Technologien, Gütern und Wissen unterstützen.

Konkret sollte in die Prävention von Naturkatastrophen, Artensterben und anderen Folgen des Klimawandels investiert und es sollten geeignete Schutzmaßnahmen und Warnsysteme etabliert werden. Dadurch können katastrophale Ereignisse besser verhindert werden, die sich ansonsten auch negativ auf die Wirtschaft und die sozialen Verhältnisse vor Ort auswirken können. Zu den präventiven Maßnahmen gehört auch der Natur- und Artenschutz in den betroffenen Ländern, damit auch die Vegetation und die Tierwelt weniger Bedrohungen ausgesetzt sind und erhalten bleiben.

Kommt es dennoch zu Überschwemmungen, Stürmen oder Dürreperioden, sollten die Industrieländer als Partner beim Wiederaufbau zerstörter Regionen und der Kompensation von Ernteausfällen unterstützen und die nötige humanitäre Hilfe leisten.

Des Weiteren benötigen die betroffenen Länder Unterstützung bei der Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen. Viele Staaten sind derzeit noch von fossilen Brennstoffen abhängig und könnten durch materielle und technologische Unterstützung beim Umstieg auf erneuerbare Energie deutlich zum globalen Klimaschutz beitragen.

Nicht zuletzt bedeutet Klimagerechtigkeit auch soziale Gerechtigkeit: Investitionen in Armutsbekämpfung, Bildung und faire Arbeitsmöglichkeiten können in armen Ländern den Lebensstandard insbesondere benachteiligter Bevölkerungsgruppen erhöhen, die Lebensgrundlage der Menschen sichern und ihnen im kleineren Rahmen helfen, sich besser gegen die Folgen des Klimawandels und extreme Wetterereignisse zu wappnen.

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