Als seine erste Tochter geboren wurde, arbeitete Ludger Huntemann noch in Vollzeit als Gruppenleiter bei EWE NETZ. Wenn er morgens zur Arbeit fuhr, schlief die Kleine, wenn er Feierabend hatte, schlief sie schon. Als Eltern waren beide unzufrieden mit dieser Situation. „Ich wollte meine Kinder aufwachsen sehen, mehr Zeit im Alltag mit ihnen verbringen. Wir wollten einerseits keine Kita-Vollzeitbetreuung für unsere Kinder, andererseits konnte ich meine Frau in dieser Zeit nicht im Alltag unterstützen. Aber es war immer klar, dass meine Frau wieder arbeiten wollte“, erinnert sich Ludger Huntemann an die Zeit, als er sich für die Reduktion der Arbeitszeit entschieden hat. „Ich hatte das Glück und das Privileg, dass dies bei EWE möglich ist und meine Führungskraft dem positiv gegenüber steht. Seit 2017 arbeitet er im Modell der Jahresarbeitszeit. Er bekommt einen Tag pro Woche weniger Gehalt und kann diese Tage flexibel frei nehmen. „Immer wenn die Kinder Ferien haben, nehme ich Urlaub, nutze die freien Tage für Familienbesuche oder um Dinge zu tun, die sonst liegen bleiben.“ Sprüche wie „Du bist ja nie da, hast immer Urlaub“, hört Huntemann seitdem immer wieder. Ebenso häufig wird er gefragt, warum er einen Termin an seinem freien Tag wahrnimmt oder seinen Urlaub verschiebt, weil es beruflich nötig ist. „Die Sprüche sind mir egal. Ich merke, dass sich mein Leben durch die reduzierte Arbeitszeit deutlich verbessert hat: Ich bin weniger krank, bin entspannter, mache mehr Sport, habe mehr Zeit für meine Familie, Freunde und Hobbys.“
Konfrontiert werden seine Frau Doreen und er oft damit, dass sie sich Teilzeit auch leisten können müssen. „Das stimmt, aber nur teilweise.“ Natürlich ist Geld zum Leben nötig, aber für Huntemann kommt es auf die Haltung an, auch darauf, den Mut aufzubringen, mit dem Chef ins Gespräch über Teilzeitarbeit zu gehen. Seine Frau und er haben viel miteinander diskutiert und sich überlegt, was ihnen wichtig ist im Leben und was sie sich leisten wollen. Das sind ja sehr individuelle Dinge. „Das ist auch völlig okay, wenn ich mich dann entscheide, dass ich mir Teilzeit nicht leisten kann oder will. Am Ende ist freie Zeit mein Statussymbol.“