Die Europäische Kommission hat drei geplante Wasserstoffspeichervorhaben von EWE – an den Standorten Huntorf (Wesermarsch), Jemgum (Ostfriesland) und Rüdersdorf bei Berlin – in die europäische Liste der Projects of Common Interest (PCI) aufgenommen. Die formale Entscheidung wurde heute bei den PCI-Days in Brüssel verkündet. Mit der Aufnahme würdigt die EU die hohe energiewirtschaftliche Bedeutung dieser Speicherstandorte für Versorgungssicherheit, Netzstabilität und industrielle Transformation. Für EWE ist der PCI-Status ein strategisches Signal und ein wichtiger Zwischenschritt auf dem Weg in eine integrierte europäische Wasserstoffinfrastruktur. Eine Investitionsentscheidung ist damit jedoch ausdrücklich nicht verbunden.
Klare Vorteile für Planung, Tempo und Umsetzung
Die Aufnahme in die PCI-Liste bringt für EWE nicht nur politische Sichtbarkeit, sondern auch praktische Vorteile. PCI-Projekte profitieren von beschleunigten Genehmigungs- und Planungsverfahren, einer eng abgestimmten europäischen Koordination und von möglichen Förderoptionen über das Programm Connecting Europe Facility (CEF). Für die Speicherstandorte in Huntorf, Jemgum und Rüdersdorf bedeutet das: Die nächsten Projektschritte können effizienter und mit höherer Planungssicherheit erfolgen. Das ist ein Pluspunkt in der frühen Projektphase, in der es auf Machbarkeit, Tempo und Investitionssicherheit ankommt.
Relevanz für Regionen und Industrie
Die Speicherstandorte liegen in Regionen, die künftig eine zentrale Rolle für die Wasserstoffwirtschaft spielen sollen. Die Kavernen in Huntorf und Jemgum gehören heute bereits zu den größten Energiespeicherstandorten in Deutschland. Rüdersdorf ist durch seine Nähe zu Berlin ein wichtiger Baustein für die Versorgung wachsender urban-industrieller Cluster. Mit der Umrüstung zu großtechnischen Wasserstoffspeichern ließe sich zukünftig grüner Wasserstoff bedarfsgerecht zwischenspeichern, Lastspitzen glätten und die Belieferung industrieller Abnehmer absichern – unabhängig davon, wie volatil Erzeugung und Netzzustand sind. Genau diese Kombination aus Systemdienlichkeit und Standortstärke hat die EU-Kommission überzeugt.
„Speicher sind das Rückgrat eines funktionierenden Wasserstoffsystems“
EWE-CEO Stefan Dohler bewertet den erwarteten PCI-Status als wichtiges europäisches Signal: „Der PCI-Status zeigt, dass Europas Wasserstoffhochlauf ohne Speicher nicht gelingen kann. Speicher sichern Industrieprozesse, stabilisieren Netze und schaffen die nötige Flexibilität im Energiesystem. Doch ohne verlässliche Rahmenbedingungen werden Investitionen in Wasserstoffprojekte weiter stocken. Wettbewerbsfähige Strompreise, praxistaugliche Regeln für die Erzeugung von grünem Wasserstoff (RFNBO), damit Elektrolyseure nicht unnötig verteuert werden, und klare Nachfrageimpulse müssen jetzt kommen.“
Technisch bereit – aber Investitionsentscheidungen stehen aus
Auch Peter Schmidt, Geschäftsführer der EWE GASSPEICHER GmbH, sieht im PCI-Status einen kleinen Schritt in die richtige Richtung: „Wir bereiten unsere Speicherstandorte systematisch auf die Wasserstoffnutzung vor. Der PCI-Status gibt uns Rückenwind, Genehmigungen und Planungsprozesse effizienter voranzubringen. Eine Investitionsentscheidung ist damit jedoch nicht verbunden. Denn Wasserstoff-Speicherprojekte brauchen einen klaren Förder- und Finanzierungsrahmen, damit Investitionen angereizt werden und sie nicht zum ‘Missing link‘ des künftigen Wasserstoffsystems werden.“
Alle drei Standorte befinden sich weiterhin in einem frühen Projektstadium. EWE bereitet die Vorhaben jedoch so weit vor, dass zentrale, langfristige Planungsschritte frühzeitig angestoßen werden können, auch wenn die aktuellen Rahmenbedingungen noch keine Investitionsentscheidungen zulassen. Gleichzeitig bestätigt der PCI-Status die strategische Bedeutung, die Speicher langfristig für die europäische Infrastruktur haben.
Rahmenbedingungen müssen den Hochlauf ermöglichen
Trotz der Anerkennung aus Brüssel mahnt EWE-Chef Dohler dringenden Handlungsbedarf an. Für einen echten Speicherhochlauf brauche es jetzt klare politische Entscheidungen. „Für einen erfolgreichen Speicherhochlauf brauchen wir drei Dinge: einen verlässlichen Förder- und Finanzierungsrahmen, der Investitionen ermöglicht, die klare Anerkennung von Speichern als zentrale Flexibilitätsquelle, ohne doppelte Netzentgeltbelastung, und technische Infrastruktur-Standards, die pragmatisch genug sind, um den Markthochlauf nicht abzuwürgen“, so Dohler.
Der Appell ist eindeutig: Ohne Speicher droht der Wasserstoffhochlauf ins Stocken zu geraten. Die EU-Kommission setzt mit der PCI-Nominierung ein starkes Signal, doch die entscheidenden Weichen werden auf nationaler Ebene gestellt.
Baustein im Gesamtsystem: Clean Hydrogen Coastline
Die Speicher sind Teil des EWE-Programms „Clean Hydrogen Coastline“, das Erzeugung, Speicherung und Transport in Nordwestdeutschland vernetzt. Dazu gehören unter anderem eine 320-Megawatt-Wasserstofferzeugungsanlage, die EWE gerade in Emden (Ostfriesland) baut. Auch eine erste großtechnische Wasserstoffkaverne gehört dazu, die EWE aktuell am Gasspeicherstandort in Huntorf für die Wasserstoffspeicherung umrüstet. Zudem entsteht eine Pipeline-Infrastruktur als Teil des deutschen Wasserstoff-Kernnetzes für den Transport von Wasserstoff, die Erzeugungsanlagen, Speicher und Verbraucher verbinden wird. Dieser systemische Ansatz, der Erzeugung, Netze und Speicher synchron plant, wird auch durch Studien wie das aktuelle Fraunhofer-Whitepaper empfohlen.
Zahlen, Daten, Fakten zu den geplanten EWE-Wasserstoffspeichervorhaben
- Standorte: Huntorf (Wesermarsch), Jemgum (Ostfriesland), Rüdersdorf bei Berlin
- Technologie: Planung zur Umrüstung bestehender Kavernen für die Wasserstoffspeicherung
- Rolle: Versorgungssicherheit für Industrie, Netzstabilisierung, Systemflexibilität
- Projektstatus: frühe Entwicklungsphase, keine Investitionsentscheidung
- Teil des EWE-Programms www.clean-hydrogen-coastline.de
- PCI-Vorteile: beschleunigte Verfahren, EU-Koordination, Förderoptionen über CEF
- Bedeutung: regional relevante Industrieimpulse und Beitrag zur europäischen Wasserstoffinfrastruktur